Der Direktor im Interview
Marcel Melliger, wie hat es die Sparcassa 1816 geschafft, 200 Jahre alt zu werden?
Ausschlaggebend dafür ist, dass wir regional stark verankert sind und uns kontinuierlich und nachhaltig entwickelt haben. Während andere Banken in der Vergangenheit ein starkes Auf und Ab verzeichneten, ist unsere Kurve gleichmässig nach oben gewachsen.
Welches sind die Gründe dafür?
Wir sind nicht auf den schnellen Gewinn aus und gehen dadurch auch nicht leichtsinnig Risiken ein. Den tiefen Fall – wie andere Banken während der Finanzkrise – haben wir deshalb nicht erlebt.
Sie hatten also auch nie Mitarbeitende, die für einen hohen Bonus tricksten und Gefahren ausblendeten?
Wir schütten gar keine Boni aus. Das haben wir schon vor vielen Jahren abgeschafft – aus Überzeugung! Auch wenn wir damit in der Bankenlandschaft Exoten sind. Boni sind an kurzfristige Erfolge geknüpft. Das schafft falsche Anreize und führt dazu, dass Mitarbeiter zum Beispiel Kredite vergeben, die risikoreicher als üblich sind. Dieser Gefahr sind wir nicht ausgesetzt. Unser Motto war immer «Sicherheit vor Wachstum».
Das führt mich zur Frage, was Sie Ihren Mitarbeitenden denn alternativ bieten. Die Fluktuationsrate bei der Sparcassa ist sehr tief. Den Mitarbeitern gefällt es offensichtlich bei Ihnen.
Das liegt uns auch sehr am Herzen. Natürlich bezahlen wir Löhne, die auf dem Markt mithalten können. Ausserdem bieten wir überdurchschnittliche Sozialleistungen. Und wir legen Wert auf ein Umfeld, in dem sich unsere Mitarbeitenden wohlfühlen.
Was heisst das?
Wir haben flache Hierarchien und unser Unternehmen ist überschaubar. Dadurch können wir ein verhältnismässig familiäres Klima pflegen. Zum Beispiel steht auch meine Türe immer offen, wenn jemand ein Anliegen hat. Man muss bei uns nicht bis zum Jahresendgespräch warten, um Probleme zu besprechen.
Sie kennen also auch alle Ihre Mitarbeitenden mit Namen?
(lacht) Ja, natürlich. Mit Vor- und Nachnamen.
Das Verhalten und das gute Gefühl der Mitarbeitenden sind das eine. Welches sind in puncto Sicherheit weitere Grundsätze der Sparcassa?
Wir prüfen bei jeder Finanzierung, ob sie unseren Richtlinien genügt. Und diese sind streng. Zum anderen verfügen wir über äusserst viele Eigenmittel und belegen diesbezüglich sogar einen Spitzenplatz unter den Schweizer Banken. Das ist quasi ein Gütesiegel für die Sicherheit unserer Kundengelder. Denn sollte es zu einem Verlust kommen, sind Eigenmittel das Sicherheitspolster einer Bank.
Zu wenige Eigenmittel und falsche Anreizsysteme wie Boni – dies waren die Probleme, die 2007 zur Finanzkrise geführt haben. Davon waren Sie also gar nie betroffen?
Nein. Als die UBS vom Staat gerettet werden musste, ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Grossbanken geschwunden. Davon haben wir sogar profitiert und konnten einen rechten Kundenzulauf verzeichnen.
«Die Kunden haben während der Finanzkrise bei uns Sicherheit gesucht, und gefunden.»
Sind diese neuen Kunden auch geblieben?
Ja. Sie haben bei uns Sicherheit gesucht, und gefunden. Das ist eine Genugtuung für uns. Denn vor der Finanzkrise haben Grossbanken den Eindruck vermittelt, dass kleinere Banken unsicher seien. Die Krise hat dann aber eher das Gegenteil gezeigt. Trotzdem leiden aber auch wir unter den Folgen der Finanzkrise.
Inwiefern?
Der Gesetzgeber erlässt immer mehr Regulierungen, die wir mittragen müssen – obwohl wir weder Auslöser noch Grund für die Krise waren. Im Moment überrollt uns eine wahre Regulierungsflut. Das verursacht grosse Kosten, bringt aber keinen Ertrag.
Können Sie mir ein Beispiel nennen?
Wir sind unter anderem auf zusätzliche personelle Ressourcen angewiesen und haben höhere Informatikkosten. Ich mache dem Gesetzgeber den Vorwurf, dass er zu wenig unterscheidet zwischen international tätigen und inlandorientierten Banken. Obwohl die Voraussetzungen völlig unterschiedlich sind. Mittlerweile haben sich die inlandorientierten Banken zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen und wehren sich gegen die übertriebenen Regulierungen. Leider bisher nur mit sehr beschränktem Erfolg.
«Unsere Mitarbeitenden an den Schaltern werden von unseren Kunden reich und herzlich beschenkt.»
Zurück zur Sparcassa. Was zeichnet Sie als mittelgrosse Regionalbank aus?
Auf jeden Fall die sehr persönliche Kundenbetreuung. Am Bankschalter beispielsweise kennen unsere Mitarbeitenden die meisten Kunden mit Namen. Sie müssen sich dadurch nicht jedes Mal ausweisen, wenn Sie bei uns vorbeikommen. Dadurch ergibt sich eine Vertrauensbeziehung, was von unseren Kunden sehr geschützt wird. Das zeigt sich dadurch, dass sie unseren Mitarbeitenden auch Persönliches erzählen oder auch einmal einen Rat bei ihnen suchen.
Ein Kompliment für Ihre Mitarbeitenden.
Sogar eines der schönsten und wertvollsten Komplimente. Sie haben sich das Vertrauen unserer Kunden durch ihre Fachkompetenz, ihre Hilfsbereitschaft, ihre Sympathie und ihre Verschwiegenheit verdient. Das bestätigen übrigens auch die repräsentativen Kundenumfragen bei den Clientis- Banken, zu denen wir auch gehören. Und es wird um die Weihnachtszeit deutlich. Da werden unsere Mitarbeitenden an den Schaltern immer reich und herzlich beschenkt.
Sie werben damit, dass Sie sich in der Region gut auskennen. Was hat das im Alltag für Vorteile?
Dadurch, dass wir unser Einzugsgebiet in- und auswendig kennen, können wir zum Beispiel Projekte besser einschätzen, für die ein Kredit beantragt wird. Das ist ein grosser Vorteil. Natürlich verlassen wir unsere Region auch einmal für bestehende Kunden. Zum Beispiel, wenn es um die Finanzierung eines Ferienhauses geht. Aber grundsätzlich fokussieren wir uns auf unser Kerngebiet. Unser Hauptgeschäft sind Hypothekarkredite, die durch Spareinlagen finanziert werden. Die Gelder, die uns anvertraut werden, bleiben damit in der Region.
Sind bei einer kleineren Bank auch die Entscheidungswege kürzer?
Ja. Dies ist vor allem durch unsere flache Hierarchie bedingt. Sogar unsere Kundenberater haben bis zu einer gewissen Betragsgrenze Entscheidungskompetenzen. Sie haben nicht, wie in anderen Banken üblich, jemanden im Hintergrund, der alle Entscheidungen für sie trifft.
Können denn auch Ihre Dienstleistungen mit dem Angebot grosser Banken mithalten?
Ja, natürlich. Wir stehen den grösseren Banken in den Geschäftsbereichen für Retailkunden und KMUs in nichts nach. Konkret sind dies die Bereiche Zahlen, Finanzieren, Sparen, Anlegen und Vorsorgen. Auch bei den technologischen Entwicklungen wie beispielsweise Internet- oder Mobile-Banking können wir dank der Zusammenarbeit innerhalb der Clientis-Gruppe Schritt halten. Leider ist vielen Leuten noch zu wenig bekannt, dass wir auch umfassende Dienstleistungen in der Anlageberatung sowie der Vermögensverwaltung anbieten.
Was nützt Ihnen die Mitgliedschaft in der Clientis-Guppe?
Clientis vereint eine Gruppe von 15 selbstständigen Schweizer Regionalbanken. Durch die Zusammenarbeit profitieren wir von diversen Synergien, zum Beispiel im Informatikbereich. Ausserdem haben wir Vorteile in der Refinanzierung, sind effizienter in der Marktbearbeitung und können uns gemeinsam um Regulierungsfragen kümmern. Ganz wichtig ist auch der intensive Austausch von Know-how.
Noch eine Frage zu Ihnen persönlich: Sind Sie in der Sparcassa gross geworden?
Nein. Ich habe meine Karriere mit einer KV-Lehre beim damaligen Bankverein begonnen und habe danach mehrmals zwischen kleineren und grossen Banken gewechselt. Ich kenne also beides und war auch in verschiedenen Geschäftssparten tätig. Vor 18 Jahren bin ich schliesslich zur Sparcassa gekommen.
Weshalb sind Sie geblieben?
Ich schätze es sehr, dass der Rahmen hier überschaubar ist und man als Direktor auch unternehmerischen Spielraum hat sowie etwas bewirken kann. Auf Grossbanken ist man eher eine Nummer und ein Befehlsempfänger. Hier ist das anders. Ich habe selbstverständlich Einfluss auf die Geschäftspolitik. Zum Beispiel haben wir uns bei der Sparcassa 1816 entschieden, zur Diversifikation der Erträge, Renditeliegenschaften zu kaufen oder zu erstellen. Hier konnte ich das Immobilienportfolio der Sparcassa in den letzten Jahren ausbauen, was mich sehr freut.
Was haben Sie mit der Sparcassa in Zukunft vor?
Wir arbeiten sehr erfolgreich und möchten dies in der Region auch vermehrt kommunizieren. Unser 200-Jahr-Jubiläum nutzen wir deshalb nicht nur, um mit unseren Kunden und Partnern zu feiern. Wir möchten den Menschen auch zeigen, dass sie mit uns einen bodenständigen, soliden und modernen Partner an ihrer Seite haben.